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aktualisiert: 31.01.2012 © 2001-2012 Gottfried Krieger
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Das Experiment (Vorgeschichte) Eine Universität schreibt in einer Zeitung eine Suchanzeige aus: 20 freiwillige Frauen werden für die Teilnahme an einem 14-tägigen Experiment gesucht, bei dem eine Gefängnissituation simuliert und das Aggressionsverhalten untersucht werden soll. Per Zufallsprinzip werden die Freiwilligen in Wärterinnen und Gefangene aufgeteilt und nach Abschluss des Experiments bekommt jede 4000 €. Zu Beginn scheint alles ein netter Spaß zu sein, bei dem man auch noch leicht viel Geld verdienen kann. Das denken sich auch die 4 Freiwilligen Paula S., Julia W., Franziska K., und Laura B.- die einen langjährigen Freund hat der mit ihrer Teilnahme nicht ganz einverstanden ist -, die als Gefangene eingeteilt werden. Auch Helena Sander und Sabine Häußler denken sich nichts besonderes dabei, die die Rolle der Wärterinnen übernehmen. Die grundsätzlichen Regeln werden vor Beginn des Experiments von der leitenden Professorin Prof. Dr. Steinmeyer erklärt. Die Gefangenen werden nur mit ihren zugeteilten Nummern angesprochen, auch untereinander dürfen sie sich nicht beim Namen nennen. Um Anonymität zu gewährleisten und den Wärterinnen vollkommenen Gehorsam und Respekt seitens der Gefangenen zuzusichern, bekommen sie die volle Befehlsgewalt. Zu Beginn halten alle beteiligten Frauen das ganze Experiment für ein Spiel, haben gute Laune und necken sich gegenseitig. Bei der Besichtigung der Gefängnisräume kommen schon erste Zweifel auf, an Tag eins herrschen noch Neugierde und kindliche Ausgelassenheit. Doch dies ändert sich schnell. Im Laufe der folgenden Tage kommen immer mehr Unstimmigkeiten auf, die Frauen streiten sich, üben Macht aus. Die anfängliche Ausgelassenheit wird schnell zu tödlichem Ernst. Es ergibt sich eine Szenerie mit immer gewaltvolleren Zwischenfällen: Es wird jemand beleidigt, bloßgestellt, gedemütigt. Die Wächterinnen unterdrücken die Gefangenen. Schließlich entsteht ein Sog aus Hass und Gewalt, es treten ungeahnte Seiten der Frauen hervor. Es tun sich ungeahnte Abgründe auf ... Niemand hätte vermutet, dass Frauen sich gegenseitig schlagen, fesseln, foltern. Nach 10 Tagen dieses tödlichen Spiels gelingt es den Gefangenen zu entkommen. Ein heftiger Kampf entbrennt, aus dem nur Paula („77“), Julia(„18“), Franziska(„44“) und Laura(„28“) unversehrt hervorgehen. Sander und Häußler sind die einzigen verbliebenen Wärterinnen, die die Verfolgung aufnehmen. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt ist Professor Steinmeyer aufgrund einer Konferenz nicht zu erreichen. Das Unglück nimmt seinen schrecklichen Lauf und nur Paula kann fliehen... Veränderte Szene: „Schnell weg!“, denkt Paula. Panisch rennt sie durch die dunklen, ihr endlos erscheinenden Flure. Sie will nur noch weg, nach Hause, raus hier! Wie konnte sie sich nur auf dieses Experiment einlassen? Um irgendwelche klaren Gedanken zu fassen ist sie viel zu durcheinander. Nur unbewusst nimmt sie das Flackern der Lampen wahr, während sie verzweifelt durch die Gänge hastet, an Türen rüttelt, einen Ausgang sucht. „Bloß raus hier! Da sind Schritte hinter mir! Ich muss schneller laufen, sie dürfen mich nicht kriegen!“, denkt Paula, als sie keuchend so schnell sie kann davonrennt. „Schau dich nicht um.“ Gedanken gehen ihr durch den Kopf, blitzartig sieht sie wieder all die schrecklichen Bilder. Dinge, an die sie sich nicht mehr erinnern will. Erinnerungen, die kein Mensch haben sollte, die man niemandem gönnen würde. Franziska, hilflos auf den Stuhl gefesselt, in diesem kahlen, kalten Raum, der einem einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Sie wird es nie vergessen: Dieser Ausdruck in ihren Augen und das leise Wimmern von ihr während die Wärterinnen brutal auf sie einschlagen. Häußler holt mit der Faust aus und versetzt Franziska einen gezielten Schlag ins Gesicht; die Nase bricht. Mit einem Stock bekommt sie weitere Schläge, nun aber auf den ganzen Oberkörper. Fast ohnmächtig stöhnt sie leise während Häußler sich mit einem schnellen Handgriff den Gürtel abnimmt an dem auch Messer und Pistole in Halftern befestigt sind. Häußler verpasst Franziska gezielte Peitschenhiebe damit, nur das Klatschen von Leder auf nackter Haut sind zu hören, unterbrochen nur durch leise Schmerzenslaute. Man hört sie schreien. Wie qualvoll das klingt! – „Renn weg, schneller, bloß weg hier!“ Paula rennt weiter. Währenddessen schneidet Sander Franziska mit Häußlers Messer die Haare ab. Die schönen schwarzen Haare, auf die sie immer so stolz war. Ihr die Haare abzuschneiden ist noch viel schlimmer für sie als die Hiebe, welche immer noch starke Schmerzen bereiten müssen, den Striemen nach zu urteilen. Franziska sieht durch diesen starren Blick und die kurzen Haare vollkommen entstellt aus. Mittlerweile ist sie sehr mitgenommen, sie blutet stark und fleht verzweifelt um ihr Leben. „Einfach nur schnell weg!“ Nachdem sie sie halb tot geprügelt haben, rammt Häußler ihr mit einem wahnsinnigen Blick in den Augen das Messer in die Brust. Mit einem zufriedenen Lächeln mustert sie die dunkle Pfütze aus rotem Blut, diese dreckige Schlampe! – Bloß weg von diesem grausamen Ort!“ Entsetzt rennt Paula immer weiter. Julia drückt Sander fest an die Wand, sodass ihr Kopf hart dagegen prallt. Überall herrscht maßloses Chaos; die Frauen sind außer sich. „Du Monster! Wie konntet ihr das tun?! Na warte, dir werd ich’s zeigen du Miststück! Verreck doch! Ich hasse dich! Was habt ihr uns alles angetan, die ganzen Tage lang! Ich mach das nicht mehr mit! Ich bring dich um!!!“ Da kommt Häußler vom Ende des Flures angerannt, auf der Suche nach weiteren Flüchtigen inspiziert sie alle möglichen und unmöglichen Verstecke. In ihrer Hand die Pistole. Das letzte was Julia jemals sehen wird, ist die Mündung dieser Pistole. Sie schaut zu Häußler und blickt direkt in den erbarmungslosen Lauf der Pistole. Die Umgebung verschwimmt zu etwas kleinem und unbedeutendem... Dies ist das Ende. Den Himmel... sie wird die Vögel nie wieder fliegen sehen. BUMM Paula hört nur noch den Knall und sieht wie sich das Blut einen Weg durch ihre Kleidung bahnt. Die Lache wird immer größer und sie liegt blutüberströmt am Boden. Regungslos. Der erschrockene Ausdruck ist noch nicht ganz aus ihrem Gesicht gewichen. Nur ein kurzer Blick und ein Nicken werden ausgetauscht, dann laufen Sander und Häußler in verschiedene Richtungen davon um die restlichen Gefangenen zu erwischen. „Die werden ihre gerechte Strafe noch bekommen“ murmelt Häußler immer wieder zähneknirschend. Sie hat sich mittlerweile vollkommen mit der Wärterrolle identifiziert und denkt nicht mehr daran, dass alles nur ein Spiel sein sollte. Ein kleines Experiment ... Da entdeckt sie Laura, die verängstigt in einer Ecke kauert und leise weint. Sie wollte fliehen, fand aber keinen Ausweg. Nachdem sie den Schuss und die Schreie gehört hatte, war sie in Panik geraten und hatte sich weit von den anderen entfernt. „Hab ich dich!“ , denkt Häußler sich und sagt in einem leisen, beruhigendem Ton: „Da bist du ja Kleine. Ich hab dich überall gesucht! Aber vor mir brauchst du keine Angst zu haben.“ Langsam dreht Laura sich um, das Herz schlägt schneller; ganz vorsichtig schaut sie auf und erblickt Häußler über sich. Häußlers Stimme klingt plötzlich ganz zärtlich ... : „Ich werde dir doch nichts tun. Weißt du, wir beide müssen jetzt zusammenhalten. Ich habe gleich am Anfang gemerkt wie verunsichert und zurückhaltend du warst. Wir gehören zusammen. Ich werde niemals zulassen, dass dir jemand etwas antut. Du bist so ein zartes Geschöpf...“ Häußler hilf Laura auf, nähert sich ihr langsam und versucht sie zu küssen. Scheinbar resigniert und überzeugt lässt sich Laura auf die Annäherungsversuche ein, streichelt ihr übers Gesicht und fasst ihr liebevoll hinter den Kopf. Laura zieht sie immer näher zu sich und dann, kurz bevor sich die Lippen berühren knackt es ein einziges Mal ganz leise... – Es war nur ein Trick von Laura. Mit verdrehten Augen sackt der leblose Körper von Häußler zu Boden. Wie schnell so ein Genick doch brechen kann... – „Einfach nur weg!“ – Laura kommt zu sich und realisiert was sie gerade getan hat. Sie hat einen Menschen getötet! Kaltblütig ermordet! Sie will gerade fliehen, als Sander, die unruhig wurde weil sie Häußler schon länger nicht mehr gesehen hatte, hinzukommt und Häußlers Leiche auf dem Boden liegen sieht. Sie lässt sich jedoch durch solche Lappalien nicht aus der Ruhe bringen. Nach einem geringschätzigem Blick und dem Satz „Dann mache ich es eben allein!“, nimmt Sander die Pistole an sich, die vergessen neben dem Leichnam liegt und setzt Julia nach. Es geht schnell : Ein schneller aber wohl gesetzter Schuss genau zwischen die Schulterblätter und Laura fällt plump wie eine Puppe in sich zusammen. Leise fließend sammelt sich das Blut in eine kleinen Pfütze auf dem blanken Fußboden. Paula bemerkt die Szenerie und eilt herbei. Außer sich vor Wut schlägt sie auf Sander ein und brüllt dabei wie von Sinnen: „Was hast du getan?! Du verdammte Schlampe WARUM?!“ Ein ungeheurer Kampf entbrennt zwischen den beiden Frauen. Die Waffe liegt, längst vergessen, auf dem Boden. Sie kämpfen nur mit ihrer letzten Kraft, schlagen und kratzen; Fäuste fliegen und die Umwelt scheint vergessen. Rasch wird klar, dass Paula überlegen ist; ihr Schläge sind gezielter, fester, wirkungsvoller. Nach einigen Minuten verbissenen Widerstandes geht Sander zu Boden und versucht nur noch, die Tritte und Schläge irgendwie unbeschadet zu ertragen. Überleben ist ihr einziges Ziel. Paula tritt weiter auf sie ein, härter und fester. Irgendwann hört Sander auf sich zu bewegen, die Schreie und Schmerzenslaute verstummen. Paula lässt von ihr ab und starrt Sander einen Moment lang an. Mit einem Ruck kommt Paula wieder zu sich und realisiert was sie gerade getan hat. „War ich gerade wirklich fähig einen Menschen zu töten? Aber ich hatte doch keine andere Wahl, die Wärterinnen haben doch schon die anderen umgebracht, sie hätten auch mich ohne zögern getötet. Ich muss schnell weg hier!“ , sagt Paula verzweifelt in die Leere. Sie bemerkt, in was für einem Chaos sie steckt, dass sie inmitten von Leichen steht. Ein richtiges Blutbad, wie aus einem Horrorfilm. Alle sind tot, alle außer ihr. „Alle?“ Gerade als sie sich diese Frage stellt, hört sie einen Schlüsselbund klimpern! „Hilfe, noch mehr Kämpfe halte ich nicht aus“, der einzige Gedanke, den sie jetzt noch fassen kann, „Weg hier! Renn weg!“ Sie sieht ein zerbrochenes Fenster, dass wohl im Kampf kaputt gegangen ist. Hastig klettert sie hinaus, achtet nicht darauf dass die Scherben ihr die Haut an Händen und Füßen aufreißen. „Bloß raus!“ Ohne sich noch einmal umzuschauen, rennt sie davon in ein nahegelegenes Waldstück. – Professor Steinmeyer ist gerade zurückgekehrt von der Konferenz. Das Experiment soll abgebrochen werden, ein Beschluss der Mehrheit, wegen schon vorheriger Ausschreitungen. Um dies mitzuteilen, betritt sie den Hauptraum- der Schlüssel klemmt etwas. Die Totenstille die herrscht beunruhigt sie. „ Ah , geht doch. Blöder Schlüssel.“ „WAAAS? Was ist das? Eine Katastrophe!“ Überall liegen Leichen, alles ist voller Blut und es ist ein Chaos aus umgestürzten Gegenständen und Zerstörung. „Sie haben sich alle gegenseitig umgebracht!“ Blutige Leichen, das ist das Ende. Sie bemerkt einen Luftzug und erblickt das kaputte Fenster gerade im richtigen Augenblick, denn sie sieht noch wie Paula aus dem Fenster klettert und dabei ist zu fliehen. „Nein! Stopp, da ist doch jemand.“, durchzuckt es sie und sie schreit: „Warte!!“ Doch Paula rennt weg. Sie schaut sich nicht einmal mehr um. „Warte!“, schreit Professor Steinmeyer wieder. Ohne noch weiter nachzudenken stürmt sie hinter der Flüchtenden her. Auf in den Wald! Immer weiter rennt die kleiner werdende Gestalt weg... und hält einfach nicht an. Da – „Nein! Sie rennt auf den Abgrund zu, sie wird doch nicht, neiiiin sie darf nicht – HALT!!! Tu das nicht! Bitte bleib stehen!“ Doch Paula hört sie nicht. „Ich hätte das alles niemals tun dürfen!“ – geht es Professor Steinmeyer durch den Kopf. Doch da taucht der Abgrund auch schon auf ... „Haaaaalt“ schreit sie noch einmal – vergeblich. Sie springt. Die Professorin tritt langsam an den Abgrund und schaut verzweifelt herab. Sie erblickt die blutüberströmte Leiche Paulas. „Oh nein wie konnte ich nur ... Es sollte nur ein harmloses Experiment sein.. Wie konnte das geschehen?! Wie viele Leben habe ich zerstört... Mit leerem Blick steht Professor Steinmeyer vor dem Abgrund. Es ist zu Ende. Was hab ich getan ... ?! Mit einem leisen Seufzer bricht sie zusammen. Um sie herum ist es still – so still. Leise hebt sich ein Luftzug und lässt die Blätter in den Bäumen knistern. |